06.01.2022
Die Gemeinde Bad Zwischenahn erlässt gem. § 8 Abs. 1 Niedersächsisches Versammlungs-gesetz (NVersG) vom 7. Oktober 2010, zuletzt geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 20.05.2019 (Nds. GVBl. S. 88) in Verbindung mit § 7c Niedersächsische Verordnung über in-fektionspräventive Schutzmaßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus SARS-CoV-2 und dessen Varianten vom 23.11.2021 (Nds. GVBl. S. 770), zuletzt geändert durch Änderungsver-ordnung am 23.12.2021 (Niedersächsische Corona-Verordnung) in Verbindung mit § 1 Abs. 1 Niedersächsisches Verwaltungsverfahrensgesetz (NVwVfG) und § 35 S. 2 Verwaltungsverfah-rensgesetz (VwVfG) folgende Allgemeinverfügung:
1. Die Teilnehmenden, Leitenden sowie Ordnerinnen und Ordner bei Versammlungen unter freiem Himmel i.S.d. Art. 8 GG auf dem Gebiet der Gemeinde Bad Zwischenahn sind verpflichtet, eine Atemschutzmaske mindestens des Schutzniveaus FFP2, KN 95 oder ei-nes gleichwertigen Schutzniveaus zu tragen. Dies gilt auch bei nicht angezeigten Ver-sammlungen im Sinne des § 2 NVersG.
Hiervon ausgenommen sind Personen, denen aufgrund von Vorerkrankungen, wegen des höheren Atemwiderstands, das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung nicht zumutbar ist. Dieses ist gegenüber polizeilichen Einsatzkräften vor Ort auf Verlangen durch ein ärztli-ches Attest oder eine vergleichbare amtliche Bescheinigung glaubhaft zu machen. Eben-falls ausgenommen sind Kinder bis zur Vollendung des 6. Lebensjahres.
Kinder zwischen dem vollendeten 6. Lebensjahr und dem vollendeten 14. Lebensjahr dür-fen anstelle einer medizinischen Maske eine beliebige andere geeignete textile oder textil-ähnliche Barriere, die aufgrund ihrer Beschaffenheit eine Ausbreitung von übertragungsfä-higen Tröpfchenpartikel durch Husten, Niesen und Aussprache verringert, unabhängig von einer Kennzeichnung oder zertifizierten Schutzkategorie, als Mund-Nasen-Bedeckung tra-gen.
2. Die sofortige Vollziehung von Nr. 1 wird angeordnet.
3. Diese Allgemeinverfügung gilt ab dem Tag nach ihrer Bekanntmachung.
Begründung:
Zu Nr. 1:
Rechtsgrundlage für die getroffenen Maßnahmen ist § 8 Abs. 1 NVersG. Danach kann die zu-ständige Behörde eine Versammlung unter freiem Himmel beschränken, um eine unmittelbare Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung abzuwehren.
Die Regelung ist als Allgemeinverfügung nach § 35 S. 2 VwVfG zu treffen, da zahlreiche Ver-sammlungen mit verschiedenen Veranstaltern auf dem Gebiet der Gemeinde Bad Zwischeanhn stattfinden. Neben fristgerecht angezeigten Versammlungen finden in letzter Zeit vermehrt nicht angezeigte Versammlungen sowie Eil- und Spontanversammlungen statt. Bei diesen kann die Versammlungsbehörde den Infektionsschutz nicht in einem Kooperationsgespräch thematisieren und möglichst auf dieser Basis sicherstellen. Um dennoch in der aktuellen Infektionslage ein Min-destmaß an Infektionsschutz bei allen Versammlungen zu regeln, ergeht diese Allgemeinverfü-gung.
Öffentliche Sicherheit im Sinne des § 8 Abs. 1 NVersG umfasst den Schutz zentraler Rechtsgüter wie Leben, Gesundheit, Freiheit, Ehre, Eigentum und Vermögen des Einzelnen sowie die Unver-sehrtheit der Rechtsordnung und der staatlichen Einrichtungen.
Dabei kann sich eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit auch aus anderweitigen gravieren-den Gefahren für hochrangige Schutzgüter wie Leib und Leben (Art. 2 Abs. 2 des Grundgesetzes (GG)) oder die Aufrechterhaltung des öffentlichen Gesundheitssystems im Falle einer Pandemie durch ein hochansteckendes Virus mit einer hohen Anzahl schwerer Erkrankungsverläufe ergeben (OVG Lüneburg, Beschluss vom 26. Juni 2020 – 11 ME 139/20 –, juris, Rn. 17).
Eine unmittelbare Gefährdung setzt eine konkrete Sachlage voraus, die bei ungehindertem Ge-schehensablauf mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einem Schaden für die der Versammlungsfreiheit gegenüberstehenden Rechtsgüter führt. Zum Zeitpunkt des Erlasses dieser Allgemeinverfügung liegen erkennbare Umstände vor, dass eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist. Hierfür liegen nachweisbare Tatsachen als Grundlage der Ge-fahrenprognose vor.
Nach § 7c der Nds. Corona-Verordnung hat die Veranstalterin oder der Veranstalter einer Ver-sammlung unter freiem Himmel nach Artikel 8 GG durch geeignete Maßnahmen den Schutz vor Infektionen mit dem Corona-Virus SARS-CoV-2 sicherzustellen. Die zuständige Versammlungs-behörde kann zum Schutz vor Infektionen mit dem Corona-Virus SARS-CoV-2 die Versammlung auf der Grundlage des Niedersächsischen Versammlungsgesetzes beschränken.
Das Robert Koch-Institut hat seine Risikobewertung bezüglich COVID-19 am 21.12.2021 ange-passt. Es schätzt die Gefährdung für die Gesundheit der Bevölkerung in Deutschland insgesamt als sehr hoch ein. Ursächlich hierfür ist das Auftreten und die rasante Verbreitung der Omikronva-riante, die sich nach derzeitigem Kenntnisstand deutlich schneller und effektiver verbreitet als die bisherigen Virusvarianten. Dadurch kann es zu einer schlagartigen Erhöhung der Infektionsfälle und einer schnellen Überlastung des Gesundheitssystems und ggf. weiterer Versorgungsbereiche kommen ( https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Risikobewertung.html, zuletzt abgerufen am 04.01.2022).
Der Inzidenzwert pro 100.000 Einwohner in den letzten 7 Tagen im Landkreis Ammerland ist in der jüngsten Zeit gestiegen und liegt derzeit bei 159,2 (Stand RKI 04.01.2022). Auch die anderen Warnfaktoren der Nds. Corona-Verordnung steigen wieder an, die landesweite Hospitalisierungsra-te beträgt 4,8 % und die landesweite prozentuale Intensivbettenbelegung mit COVID-19 Patienten 8,1 % (Stand 04.01.2022). Aufgrund der erwarteten Infektionsdynamik, insbesondere aufgrund der sich derzeit stark verbreitenden Virusmutation Omikron, ist zu verhindern, dass diese Werte in den nächsten Tagen, noch vor dem durch die Omikronvariante zu erwartenden Effekt ansteigen wer-den.
In der Zeit vom 24.12.2021 bis zum Ablauf des 15.01.2022 gilt in ganz Niedersachsen die sog. Weihnachts- und Neujahrsruhe und damit Warnstufe 3. Damit sind einige zusätzliche Kontaktbe-schränkungen verbunden. Ziel ist es, möglichst viele Menschen in Niedersachsen noch mit einer Auffrischungsimpfung zu versorgen, bevor die Omikron-Variante sich in Niedersachsen verbreitet. Denn es ist nach bisherigen wissenschaftlichen Erkenntnissen mit einer erhöhten Reproduktions-geschwindigkeit der Omikron-Variante zu rechnen.
Auch bei Versammlungen ist zwar der Mindestabstand von 1,5 m einzuhalten (§ 1 Abs. 2 der Nds. Corona-Verordnung). Versammlungen sind aber in aller Regel durch einen dynamischen Ablauf gekennzeichnet, so dass der Mindestabstand nicht konsequent einzuhalten und sicherzustellen ist. Denn nicht nur während der Versammlung kommt es zu Kontakten zwischen den Teilnehmenden, auch vor Beginn und nach dem Ende kommt es teilweise zu Berührungen untereinander, aber auch zu anderen Personen. Insbesondere bei sich fortbewegenden Versammlungen können die Teilnehmenden die zum Infektionsschutz erforderlichen Abstände nicht konsequent einhalten. Aufgrund des individuellen Gehtempos und der Entwicklung des Versammlungsverlaufs kommt es zu Stockungen, Beschleunigungen und Verschiebungen.
Doch auch bei ortsfesten Versammlungen stehen die Teilnehmenden in Kontakt zueinander und bewegen sich in der Menge, so dass die Mindestabstände nicht dauerhaft eingehalten werden können. Hinzu kommt, dass der Zweck der Versammlung, die gemeinsame Meinungskundgabe, durch Unterhaltungen und gemeinsames Rufen ein erhöhtes Risiko für Tröpfcheninfektionen mit sich bringt.
Es besteht daher das Risiko, dass sich auf Versammlungen eine erhebliche Anzahl von Personen mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 ansteckt und in der Folge das Gesundheitssystem belastet. Auch bei Versammlungen unter freiem Himmel besteht ein Infektionsrisiko, da viele Menschen auf engem Raum aufeinandertreffen und die Mindestabstände nicht einhalten. Dies zeigen auch die Erfahrungen der Versammlungsbehörde in den letzten Wochen.
Ziel der hier verfügten Maßnahme ist es, im Interesse des Schutzes von Leben und Gesundheit aller Personen der Versammlung und der Bevölkerung vor der Infektion mit dem SARS-CoV-2-Virus, die Verbreitung der Krankheit COVID-19 zu verhindern bzw. zu verlangsamen und eine Überlastung des Gesundheitssystems infolge eines ungebremsten Anstiegs der Zahl von Anste-ckungen, Krankheits- und Todesfällen zu vermeiden.
Die Maskenpflicht ist geeignet, diesen Zweck zu fördern. Das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung im öffentlichen Raum wird vom RKI empfohlen, insbesondere, wenn das Abstandsge-bot nicht oder nur schwer eingehalten werden kann (Robert Koch-Institut, Epidemiologisches Bul-letin 19/2020, 17.05.2020, S. 3 ff. https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Archiv/2020/Ausga-ben/19_20.pdf?__blob=publicationFile, zuletzt abgerufen am 04.01.2022).
FFP2-Masken bieten nach aktuellen Studien einen besonders hohen Schutz, der aufgrund der prognostizierten Entwicklung der Pandemie ergriffen werden soll (Max-Planck-Gesellschaft: So gut schützen Masken, 02.12.2021 https://www.mpg.de/17915640/corona-risiko-maske-schutz, zuletzt abgerufen am 04.01.2022).
Die Maskenpflicht ist erforderlich. Eine Maßnahme ist erforderlich, wenn es kein gleich effektives, für den Adressaten weniger belastendes Mittel gibt, das Ziel zu fördern. Ein solches Mittel ist nicht ersichtlich. Insbesondere ist der Verweis auf die einzuhaltenden Mindestabstände nicht ausrei-chend. Denn die Einhaltung der Maskenpflicht kann anders als der Mindestabstand während der gesamten Versammlung konsequent eingehalten werden, so dass alle Beteiligten geschützt sind. Gegenüber Verboten von Versammlungen oder Begrenzungen auf ortsfeste Versammlungen stellt die Maskenpflicht das mildere Mittel dar. Ernsthafte Gesundheitsgefahren sind nach dem Stand der Wissenschaft durch das (kurzzeitige) Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung fernliegend (vgl. ausführlich OVG NRW, Beschl. v. 9.3.2021 - 13 B 266/21.NE -, juris Rn. 53 ff.).
Schließlich ist die Anordnung einer Maskenpflicht auch angemessen. Der mit ihr erzielte Erfolg steht nicht außer Verhältnis zu den für die Adressaten verursachten Nachteilen. Die körperliche Unversehrtheit nach Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG der Versammlungsteilnehmenden, etwaiger Gegende-monstranten, von Passantinnen und Passanten, der eingesetzten Polizeibeamtinnen und Polizei-beamten sowie die Funktionsfähigkeit des Gesundheitswesens wiegen schwerer als die Be-schränkung der Versammlungsfreiheit. Eine Einschränkung der Meinungsäußerung geht mit dem Tragen einer Maske nicht einher. Auch mit Maske können sich die Teilnehmenden untereinander unterhalten und gemeinsam artikulieren. Auch bei Reden schränkt das Tragen der Maske nicht ein. Im Zweifel können Mikrophone oder Megafone eingesetzt werden.
Für Kinder und gesundheitlich beeinträchtigte Personen sind Ausnahmen von der Maskenpflicht vorgesehen.
Zu Nr. 2:
Die Allgemeinverfügung ist gemäß § 28 Abs. 3 i.V.m. § 16 Abs. 8 IfSG sofort vollziehbar. Die so-fortige Vollziehung wird gem. § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) vorsorg-lich angeordnet, da eine Verzögerung ihrer Geltungswirkung in Anbetracht der zu verhindernden Gefahren dringend zu vermeiden ist. Im Zeitraum bis zum Eintritt der Bestandskraft kann ange-sichts der derzeit steigenden Infektionszahlen auch im Umland und in ganz Niedersachsen die Gesundheit der Bad Zwischenahner Bevölkerung durch Infektionsketten ernsthaft gefährdet wer-den. Daher müssen alle geeigneten, erforderlichen und verhältnismäßigen Maßnahmen zur Ver-minderung des Infektionsrisikos so schnell wie möglich getroffen werden. Da durch Einlegung eines Rechtsbehelfs ein wichtiger Baustein aus den erforderlichen Infektionsschutzmaßnahmen bis auf weiteres herausgebrochen würde, ist die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Verfü-gung erforderlich und angemessen. Das öffentliche Interesse des Gesundheitsschutzes der Per-sonen, die in der Gemeinde Bad Zwischenahn und Umland wohnen, überwiegt hier das Rechts-schutzinteresse einzelner Betroffener. Eine Klage hat keine aufschiebende Wirkung.
Zu Nr. 3:
Diese Allgemeinverfügung gilt in Anwendung von § 41 Abs. 4 S. 4 VwVfG ab dem Tag nach ihrer Bekanntmachung. Die ortsübliche Bekanntmachung erfolgt gemäß § 10 Abs. 4 der Hauptsatzung der Gemeinde Bad Zwischenahn durch Bekanntmachung in der Nordwest-Zeitung “Der Ammer-länder”. Tag der Bekanntmachung ist der 06.01.2022.
Rechtsbehelfsbelehrung:
Gegen diese Allgemeinverfügung kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Klage beim Verwaltungsgericht Oldenburg, Schlossplatz 10, 26122 Oldenburg, erhoben werden.
Hinweis:
Auf Antrag kann das Verwaltungsgericht Oldenburg die aufschiebende Wirkung gemäß § 80 Abs. 5 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) ganz oder teilweise wiederherstellen.
Bad Zwischenahn, den 05.01.2022
Dierks, Bürgermeister
Frau Reinhold
Tel.: 04403 / 604 - 324
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Gemeinde Bad Zwischenahn
Am Brink 9
26160 Bad Zwischenahn
Tel.: 0 44 03 / 604-0
Fax: 0 44 03 / 604-444
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