Corona-Pandemie, Ukraine-Krieg, Energie-Krise, Inflation, Israel-Krieg: In den vergangenen Jahren jagt eine Krise die nächste. Wie Heinz de Boer, Leiter des Fachbereichs Zentrale Verwaltung, am vergangenen Dienstag in der letzten Ratssitzung des Jahres in seiner Rede zum Haushalt 2024 feststellte, der letztlich einstimmig beschlossen wurde, hat sich die Gemeinde Bad Zwischenahn jedoch recht gut durch diese Herausforderungen manövriert: „Rat und Verwaltung haben (…) mit viel Bedacht und kaufmännischer Vorsicht auf die zum Teil sehr herausfordernden und sich ändernden Situationen reagiert.“
Zum Teil durch hohe Fördergelder konnten laut de Boer trotz allem große Maßnahmen wie die Fahrradstraße zwischen Bad Zwischenahn und Oldenburg, das Wellenbad oder der Janosch-Kindergarten mit 90 neuen Betreuungsplätzen realisiert werden. Ferner sei das Baugebiet in Aschhausen weiter erschlossen, Baumaßnahmen an Schulen durchgeführt und die Umgestaltung des Kurparks abgeschlossen worden. Zudem wurden die Mittellinie in Petersfehn und weitere Straßen saniert. Insgesamt sind nach Angaben des Fachbereichsleiters allein 2022 und 2023 beachtliche 29 Millionen Euro investiert worden.
Gemeinde weiter vor großen Herausforderungen
Durch die kräftigen Personalkostensteigerungen aufgrund der jüngsten Tarifabschlüsse, hohe inflationsbedingte Steigerungsraten bei den Sachkosten insbesondere der baulichen Unterhaltung, Mehrausgaben bei den Energiekosten, die wieder steigende Kreisumlage und stetig steigende Zuschüsse für die Kinderbetreuung stelle auch der Haushalt 2024 wieder eine große Herausforderung dar, konstatierte de Boer. Darüber hinaus habe die Gemeinde angesichts der Wirtschaftskrise bei den Gewerbesteuereinnahmen mit elf Millionen Euro sehr vorsichtig kalkuliert. Dafür würden die Schlüsselzuweisungen des Landes im Zuge des Finanzausgleiches deutlich steigen.
Trotz der Herausforderungen wolle die Kommune ein klares Zeichen gegen die Wirtschaftskrise setzen und die gemeindlich steuerbaren Belastungen der Bürgerinnen und Bürger, der Gewerbetreibenden und für den Tourismus möglichst gering halten, führte der Fachbereichsleiter weiter aus. So seien keine Steuererhöhungen, keine Kürzungen der Zuwendungen an Vereine, Verbände sowie soziale Einrichtungen und entgegen dem allgemeinen Trend auch keine Preiserhöhungen für Wasser sowie Abwasser geplant. Außerdem wird die notwendige Erhöhung des Gästebeitrages um ein Jahr auf den 1. Januar 2025 verschoben.
Ein weiterer wichtiger Punkt sei die Fortsetzung des Schuldenabbaus für Nachhaltigkeit und Generationengerechtigkeit, so de Boer – auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten. Daher sieht der Haushalt eine Tilgung von 1,9 Millionen Euro vor, womit der Schuldenstand Ende 2024 auf unter zehn Millionen Euro sinkt. „Dadurch schaffen wir die notwendige Handlungsfreiheit für die Zukunft, wenn für den Schuldendienst nicht mehr über zwei Millionen Euro jährlich ausgegeben werden müssen“, berichtete der Fachbereichsleiter. „Die Zinssätze der noch laufenden Kredite sind bis zum Ende der jeweiligen Laufzeit gesichert, so dass wir auch kein Zinsrisiko mehr haben.“
Defizit von 1,9 Millionen Euro eingeplant
Wie alle Kommunen stehe auch Bad Zwischenahn vor der Situation, die enormen Kostensteigerungen kompensieren zu müssen, führte de Boer weiter aus: „Das kann aber in einem Jahr nicht gelingen und wäre wirtschaftlich für die Gemeinde auch nicht vertretbar. Ein Hauhaltsausgleich ist 2024 vor diesem Hintergrund nicht möglich. Wir planen deshalb mit einem Gesamtdefizit von rund 1,9 Millionen Euro.“ Zum einen sei das Defizit jedoch haushalterisch durch hohe Überschussrücklagen gedeckt. Und zum anderen seien die Haushalte 2025, 2026 und 2027 nach den jetzigen Planungen wieder ausgeglichen und wiesen Liquiditätsüberschüsse in Höhe von jeweils gut vier Millionen Euro aus. Eine Aufnahme von Krediten sei daher in den kommenden Jahren nicht vorgesehen, sagte der Fachbereichsleiter: „Wir setzen den Schuldenabbau kontinuierlich fort und geben nur das aus, was wir auch erwirtschaftet haben.“
Vor diesem Hintergrund plane die Gemeinde keinen „Sparhaushalt“ 2024, der deutliche Kürzungen im Bereich der laufenden Unterhaltung der Infrastruktur, der Schulen, der Kindergärten, der Digitalisierung und in vielen anderen Bereichen erfordern würde. Im Gegenteil: Das den „schlechten bundesweiten wirtschaftlichen Rahmendaten geschuldete Defizit“ werde in Anbetracht der wieder möglichen ausgeglichenen Haushalte in den kommenden Jahren in Kauf genommen und der Schwerpunkt „in die Stabilisierung der guten Qualität der gesamten Infrastruktur, des Bildungs-, Jugend-, Sport-, Kultur- und Sozialbereiches sowie der örtlichen Wirtschaft gelegt“.
Um keinen Substanzverlust bei den Gebäuden und der Infrastruktur in Kauf zu nehmen, der später teuer ausgeglichen werden müsse, und die in allen Bereichen erreichten Qualitätsstandards nicht zu gefährden, seien folgende Maßnahmen geplant:
● die Erhöhung der Mittel der baulichen Unterhaltung der gemeindlichen Liegenschaften inklusive der Schulen und Kindertagesstätten um mehr als 20 Prozent (270.000 Euro)
● die Erhöhung der Straßenunterhaltung um gut 20 Prozent auf 1,9 Millionen Euro, wobei die Bauhofleistungen über alle Gewerke zusätzliche 4,3 Millionen Euro betragen
● die dauerhafte Aufstockung alle Schulbudgets um 20 Prozent auf 410.000 Euro
● die Ausweisung einzelner Baumaßnahmen im Ergebnishaushalt mit mehr als einer Millionen Euro. Im Vergleich zu 2023 ist das ein Plus von 300.000 Euro, von denen 200.000 Euro entsprechend des Grundschulsanierungsprogramms für die Grundschulen vorgesehen sind
● Erhöhung der Kita-Budgets um weitere 1,2 Millionen Euro
● Erhöhung des Feuerwehretats um 100.000 Euro
Insgesamt betragen die Investitionen aus eigenen Mitteln ergänzt um Fördermittel und weitere Einnahmen für 2024 laut de Boer 6,3 Millionen Euro. Für 2025 seien nach derzeitigen Planungen 7,2 Millionen Euro vorgesehen. Zu den investiven Schwerpunkten in 2024 gehörten folgende Maßnahmen:
• der Neubau einer Mensa bei der Grundschule in Rostrup im Zuge des Ganztagsausbaus mit Fördermitteln von Bund und Land
• die Sanierung der Fliederstraße in Wehnen
• der Ausbau von Teilabschnitten der Ebereschenstraße und des Hohenmoorweges mit 75 Prozent Förderung aus Mitteln des Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes (GVFG) in 2025 mit einem Volumen von 700.000 Euro und eines ersten Abschnittes des Bachstelzenweges für rund 300.000 Euro
• die Sanierung des Wasserturmes mit einem hohen Förderanteil des Bundes
• die mit EU-Mitteln geförderten Neubauten der Brücke beim Spieker und des Hochzeitsteges im Kurpark sowie die Anschaffung von LED-Hinweistafeln an den Ortseingängen
• die Erweiterung des Friedhofes in Petersfehn in 2024
• die weitere Digitalisierung der Verwaltung
• der Ankauf von Wohnbauland auf dem Gelände des Bundeswehrkrankenhauses mit 1,7 Millionen Euro
• ein neues Fahrzeug für die Feuerwehr Elmendorf für 514.000 Euro, für die Feuerwehr in Ofen wurde bereits ein neues Fahrzeug bestellt
• der Start des hoch geförderten Klimaparks der Gärten, wobei der Eigenanteil der Gemeinde 300.000 Euro beträgt
• die Fortsetzung des Photovoltaikprogramms insbesondere an Schulen im Zuge des Klimaschutzes mit jährlich 200.000 Euro und die Verstetigung des Zwischenahner Klimazuschusses. Für ein neues Energiekonzept für das Schulzentrum sind 50.000 Euro und für die Planung eines Nahwärmenetzes für die Grundschule, den Kindergarten, die Sporthallen und das Jugendhaus in Petersfehn weitere 30.000 Euro vorgesehen.
• für die Anpflanzung von Waldflächen stehen jährlich 50.000 Euro zur Verfügung
• finanzielle Unterstützung von jeweils zwei Carsharing-Fahrzeugen in Ofen und Petersfehn für zunächst drei Jahre
• für den ÖPNV und den weiteren Ausbau barrierefreier Haltestellen werden ebenfalls zusätzliche Haushaltsmittel zur Verfügung gestellt
Damit konnten nach Angaben von de Boer alle in den Fachausschüssen beschlossenen Änderungen berücksichtigt werden. Zudem befinden sich weitere Maßnahmen in der planerischen Umsetzung für 2024, die bereits finanziert sind. Hierzu nannte er folgende Beispiele:
• der Skatepark
• die Sanierung des Alten Kurhauses,
• die Verbreiterung des Gehweges am Diekweg
• die bereits begonnenen Umbaumaßnahmen bei der Grundschule Am Wiesengrund
• erste Maßnahmen beim Stadion
• die Schaffung eines Ruhewaldes
• die Ausweisung neuer Gewerbeflächen mit einem Planansatz 2024 sowie die Erschließungsmaßnahmen in 2025 mit insgesamt 1,1 Millionen Euro.
„Mit diesem Haushaltsentwurf setzen wir den gemeinsamen erfolgreichen Weg der letzten Jahre konsequent fort, verzichten auf Steuererhöhungen und setzen zugleich maßvoll und zielgerichtet wichtige Impulse für die Gemeinde“, resümierte der Fachbereichsleiter.